NABU - Gruppe Ammersbek e.V.


Auf einer Auffahrt zu einem Haus in der Brennerkoppel liegt ein Fledermausbaby, mitten am Tag. Die Hausbewohner geben ihm nach Anleitung des NABU im Internet Wasser und lassen es über Nacht draußen, damit die Mutter ihr Kleines holen kann. Am nächsten Tag ist es immer noch da, deutlich schwächer und mag nicht mehr trinken. Anruf beim NABU Ammersbek, Petra holt den kaum behaarten Winzling ab.

Es gibt keinen befriedigenden Ersatz für eine Fledermausmutter, Babys sterben in menschlicher Obhut leicht oder entwickeln Mangelerscheinungen. Deshalb muss unbedingt weiter versucht werden, dass die Mutter das Kleine findet, wenn es nach ihr ruft. Bis zum Sonnenuntergang versucht Petra es aufzupäppeln, damit es überhaupt kräftig genug zum Rufen ist, denn es sieht aus wie eine Rosine. Ziegenmilch mit einigen Tropfen Walnussöl soll es zu Kräften bringen.

Es braucht mehrere Versuche über zwei Stunden, bis es trinkt. Pipette funktioniert nicht, erst als Petra Ersatz für Mamas Zärtlichkeiten und Mamas Nippel findet, saugt es. Das erste wird durch Streicheln mit einem feinen Aquarellpinsel bewerkstelligt, das zweite mit einem Fetzen eines Naturschwamms. Kurz vor Sonnenuntergang sieht das Tierchen besser aus und der erste Wieder-Auswilderungsversuch zusammen mit Sabrine von der NABU-Landesstelle Fledermausschutz kann starten. Mit der Familie, die das Tier fand, sprechen wir unseren Plan ab. Sie bangt mit uns um die kleine Zwergledermaus.

Wir füllen eine Flasche mit sehr warmem Wasser, ziehen eine Socke drüber und stellen diesen "Kuschelturm" in eine Schüssel. Dann plazieren wir das Ganze dort, wo wir das Zwergfledermausquartier vermuten, weit oben außer Katzenreichweite. Zuletzt wird das Baby an die Socke gesetzt. Falls es runter fällt, landet es in der Schüssel. Es ist 22 Uhr, die Sonne ist gerade untergegangen, wir setzen uns unten hin und warten. Mit dem Batdetektor wird dabei  kontrolliert, ob Fledermäuse vorbeikommen. Schließlich ist Mitternacht lange vorbei. Das Fledermäuschen ist im Dunkeln nicht mehr zu sehen, aber als Petra hochsteigt, findet sie es auf der Rückseite der Sockenflasche.

In Segeberg gab es einen Fall, wo die Mutter ihr Kind nach sechs Versuchen in der siebten Nacht abholte. Also schlägt sich Petra weitere zwei Nächte um die Ohren, ohne Erfolg. In der vierten Nacht kommt Regen auf und starker Wind, es fliegen keine Fledermäuse auf Jagd aus. Das Wetter bleibt so mies und weitere Versuche sind zwecklos. Das Fledermäuschen kommt also wieder in den Nien Diek, es ist jetzt etwas erschöpft von den Versuchen, denn der letzte Abend war kühl.

Nun heißt es, mit Britta, der Fledermauspflegerin der NABU-Landesstelle telefonieren, damit sie den Kleinen aufpäppelt.

Pustekuchen, sie hat selbst fünf Pfleglinge und die anderen PflegerInnen sind ebenfalls voll, denn es ist ein Mist-Sommer für Fledermäuse. Petra hätte doch im letzten Jahr den Seminarnachmittag "Fledermauspflege" mit gemacht? Ja schon, aber.... Na, dann man los.

So schnell kommt man also zu einem Kind. Die nächsten Tage sind von Schlafmangel gekennzeichnet. Alle drei Stunden "stillen", vorher das Tier auf einer handtuchumwickelten Wärmflasche auf 37°C Betriebstemperatur bringen. Nachts mutet Petra dem Kleinen 4 Stunden Pause zu, egoistisch.

Wie ein Menschenbaby schläft der Winzling manchmal beim Saugen mit Nippel im Mäulchen ein. Die Ziegenmilch wird jetzt nicht nur mit Öl angereichert, sondern auch noch mit Aufzuchtpulver und Vitaminpaste. Er ist jetzt schon recht kregel und weiß, was er will. Auch was er nicht will, zum Beispiel umgedreht werden. Das gibt großen Protest im hörbaren Frequenzbereich. Mit Ultraschalldetektor ist das Aufkreischen fast ohrenbetäubend.

Umgedreht sieht man ein ordentliches Gemächt. Also ein Männchen, und da es die nächsten Wochen im Nien Diek zuhause ist, bekommt er einen Namen: Mjørk (norwegisch für "dunkel").

Nach wenigen Tage wird der Schwamm mit Nippel nicht mehr gebraucht, Mjørk kann aus einem flachen Napf trinken. Um Mangelerscheinungen zu vermeiden, kommen Springschwänze vom Kompost mit in die Milch. Die winzigen weißen Insekten findet er appetitlich.

Die ganzen Tage nimmt Petra ihn in einem Kästchen um den Hals hängend mit ins Büro, damit er regelmäßig gefüttert werden kann. Er hängt dort an seinem Wärmeflaschen-Kuschelturm im Regal und schläft. Ab und zu trainiert er seine Flugmuskulatur und bedient sich schon selbstständig aus dem Napf.

An einer Socke hochzuklettern, ist einfach. Aber Socken kommen in der Natur so selten vor, deshalb wird nun auch mit Holz trainiert, doch aller Anfang ist schwer. Er wird aber von Tag zu Tag fitter und flattert viel mit den Flügeln.

Nach Brittas Rezept muss er nun Flugübungen machen: Petra setzt ihn auf eine glatte Zeitschrift und kippt sie, bis er runterrutscht und seine Flügel ausbreitet. Die Versuche im Zimmer enden oft an der Wand, deshalb wird im Garten geflogen, mit Start hoch oben von der Leiter. Nach einer Woche fliegt er halb ums Haus und landet an der Mauer. Gerade noch schafft Alena es, hinterherzulaufen. Nun geht es draußen nicht mehr, sonst ist er weg.

Jeden Tag wird Mjørk gewogen, aber seit er Flugübungen macht, nimmt er ab. Fliegen kostet Energie. Britta rät zu Mehlwürmern: Kopf ab und Fleisch rauspressen. Deshalb versucht Petra neben Springschwänzen auch Fliegenmaden zu füttern, die sind kleiner als Mehlwürmer und weicher. Trotzdem hat Mjørk daran schwer zu kauen und schwer zu schlucken. Als eine im Ganzen hinten wieder rauskommt und er an einer anderen fast erstickt, stoppt Petra den Versuch und schaut in ihr dickes Fledermaushandbuch. Dort steht, dass die Mütter die Kleinen stillen, bis diese fliegen können und sie auch nicht mit Insekten füttern.

Zwei Tage später erneuter Versuch der Futterumstellung. Fliegen, Schuster, kleine Falter, alles muffelt er jetzt begeistert weg. Der Appetit steigt enorm, Goldfliegen, Krullfliegen und kleine Heimchen aus dem Terrarienfachhandel (Tropenhaus Hamburg) müssen her. Nun findet er auch Geschmack an Wasser und trinkt es von einem Frauenmantelblatt, denn in der Natur kommt Wasser schließlich auch nicht in Näpfen vor.

Flugübungen finden nun drinnen in Petras Arbeitszimmer statt. Er kann schon Kurven fliegen und lernt auch schnell das zackige Navigieren. Die Zahl der Runden steigert er von Tag zu Tag.

Bald weiß er, wo man gut landen kann: am Wandteppich, am Sessel oder am liebsten: an Petra. Obwohl er nun schon ein Halbstarker ist, ist er extrem kuschelbedürftig. In seinen Korb-"Käfig" mag er nie gerne zurück, denn dort ist er allein. Sein Kolonieersatz ist momentan die Menschin. Am liebsten verbringt Mjørk seine Ruhezeit eng gequetscht in ihrer Hand.

Vier Wochen nachdem er gefunden wurde bekommt Mjørk keine Milch mehr gefüttert, sondern nur noch Insekten. Die Abstände werden vergrößert, um sie seinem natürlichen Rhytmus anzunähern: Abends um 8:00 und um 23:00 sowie morgens um 6:00. Er fängt die Insekten jetzt selbst, indem er schnell hinterher krabbelt. Die sogenannten Krullfliegen, die er mit Leidenschaft frisst, sind behinderte Stubenfliegen, Doppelmutanten. Zwei Gene wurden verändert, so dass Fliegen infolge krummer Flügel nicht fliegen können und auch nur hell und dunkel unterscheiden.

Pro Mahlzeit verputzt Mjørk 60 bis 80 Fliegen unterschiedlicher Größe, manchmal auch noch zwei Heimchen zum Nachtisch. Zwar ähnelt die Art und Weise, wie er seine Nahrung fängt, noch nicht der einer Fledermaus, sondern eher der einer Krabbelmaus, aber immerhin ist die Nahrungszusammensetzung schon normal. Deshalb ist jetzt sein Stuhlgang auch so, wie er sein soll: feste trockene Krümel, in Form von 2-3 aneinanderhaftenden Kügelchen

Aber das Abführen, was für ein Akt: Der Po wird zurechtgewackelt, der Schwanz angehoben und dann ist große Konzentration angesagt. Das war schon als Baby so, in der Horizontalen, aber in der Vertikalen ist es genauso. Gern geht man an den Rand von dort, wo man gerade ist, dass alles herunterfällt. Unter Fledermausquartieren findet sich daher ein kleiner schwarzer Haufen, vermischt mit Insektenflügeln. Dieser phosphorreiche Bat Guano (Chiropterit) wird in Ländern mit Massenquartieren als wertvoller Dünger verkauft.

Den Versuch, in einem im Zimmer weit aufgespannten Moskitonetz Gold- und Fleischfliegen frei zu lassen, damit Mjørk lernt, Fliegen im Fliegen zu fangen, gibt Petra nach drei Tagen auf. Die blöden Viecher hängen immer nur am Netz, statt in der Luft herumzubrummen, so dass Fangen nur in Gemeinschaftsarbeit geht, einer schlägt sie runter, der andere schnappt sie sich krabbelnder- und hüpfenderweise. Das geht ja gar nicht. Außerdem ist das Netz nicht groß genug für Platzrunden. Die  finden dann um das Netz herum statt. Kaum hebt man den Deckel von seinem Korb ab, kommt er herausgeklettert und startet.

Mitte August, so ein großer Junge muss nun aber bald in die Natur. Aber wie? Er wird ja nicht von heute auf morgen lernen, Insekten in der Luft zu fangen. Und er braucht eine Gruppe. Ein Anruf bei Britta ergibt, dass sie einige ihrer flüggen Pfleglinge den Fledermauspflegern des NABU Hamburg mitgibt. Die bringen insgesamt fünf ins BUND-Fledermauszentrum Hannover, zur Fledermaus-Wunderärztin, die Auswilderungsvolieren hat. Schade, so etwas fehlt in Segeberg (und Ammersbek). Petra ruft also Dr. Renate Keil an, und fragt ob Mjørk auch mit kann. Aber nein, das geht nicht, denn Petra hat ihn zu sehr verwöhnt. Bevor er in eine Voliere kommen kann, muss er Mehlwürmer selbstständig aus dem Napf fressen, denn die ausgewilderten Tiere können immer zurückkommen und ihren Restfutterbedarf an den Volieren decken.

Er will immer nur Stuben- und Goldfliegen, Mehlwürmer findet Mjørk doof. Nach einem halben Abend ohne Fliegenmahlzeit geht es dann doch, der Hunger macht's. Und in der Nacht zeigt ein Blick unter den Deckel: Er sitzt am Napf und muffelt Mehlwürmer. Am nächsten Tag heißt es dann, Abschied nehmen und nach Hannover fahren. In der Voliere vor ihrem Haus hat Dr. Renate Keil 120 Fledermäuse, davon 40 Zwerge wie Mjørk. Fledermäuse sind keine Haustiere, sie brauchen Ihresgleichen. Jetzt ist Mjørk zwar ein Niedersachse, aber Hauptsache ihm geht es gut!

 

Im Naturschutzgebiet Heidkoppelmoor bauen wir ein Kastenquartier auf. Die Genehmigung der UNB hatten wir schon länger, aber erst jetzt kommen wir dazu. Sechs Fledermauskästen werden in einem Kreis verteilt. In die Mitte kommt ein Meisenkasten als Wächter. Die kleinen Vögel sind sehr territorial und verhindern, dass andere Meisen die Fledermausbruthöhlen besetzen.

Wir werden unterstützt und beraten von Sönke, der viel Erfahrung hat und große Kastenquartiere in NRW und Schleswig-Holstein betreut.


Hilferuf aus dem alten Teichweg: Eine leblose Fledermaus hängt auf Kniehöhe in der Garage. Petra holt sie ab und startet nach Beratung durch Britta von der NABU-Landesstelle Fledermausschutz und -forschung in Segeberg "Wiederbelebungsversuche". Nichts, das Braune Langohr ist tot und bleibt tot. Der Kadaver geht an die Landesstelle, denn für Lehrzwecke bekommen die Experten dort ab und zu die Genehmigung, Tiere ausstopfen zu lassen.




Große Trauer: Die vor drei Jahren sanierte Fledermauseiche hielt 300 Jahre allen Unbilden stand. Nun hat der Sturm, der in Ammersbek viele Bäume umkippte, den alten Zeitzeugen gefällt. Viele Fledermäuse müssen sich nach einem neuen Quartier umschauen.



Jemand bringt uns eine geschwächte Zwergfledermaus als wir gerade zum Bachforschertag an der Pferdeschwemme sind. Toll für die Kinder, dass sie eine Fledermaus
aus der Nähe sehen können. Sie wirkt unverletzt und wir setzen sie nach der Aktion versteckt wieder aus.



In Hoisbüttel-Dorf sind nachts zahllose Fledermäuse unterwegs. Sie bewohnen Spalten in Gebäuden und das Innere einer großen Eiche auf der Pferdeweide neben der alten Lindenallee. Da große Fledermausquartiere in Baumhöhlen selten und wichtig sind, lässt der NABU Ammersbek den Baum mit Artenschutz-Landesmitteln sanieren, denn er ist durch Pferdehufe geschädigt.


Thomas, "Chef-Zoologe" des NABU Ammersbek, findet eine Rauhautfledermaus. Sie purzelt ihm einfach entgegen, als er an einer Knickeiche in der Nähe der Bredenbek nahe dem Rathaus unter der Borke nach Käfern sucht. Darunter hielt das Tier seinen Winterschlaf.