Alte Wälder für den Klimaschutz
Bäume bekämpfen den Klimawandel, denn sie nehmen Kohlendioxid aus der Luft auf und bauen daraus mit Hilfe der Sonnenergie ihre Pflanzenmasse. So wirken sie als sogenannte Kohlenstoffsenke, fast die Hälfte ihrer Trockenmasse besteht aus Kohlenstoff.
Manche Wissenschaftler glauben, dass Bäume, wenn sie schneller wachsen, auch mehr Kohlenstoff aufnehmen und rasch wachsende Wälder daher nicht nur der Holzindustrie sondern auch dem Klimawandel helfen.
Zwar schon so alt wie ein Rentner, aber nicht alt genug: Ein nordeutscher Laubwald
Dies ist ein Irrtum. Eine neue Untersuchung im Wissenschaftsmagazin Science im Januar 2017 zeigt: Junge Forste, in denen die Bäume nach eingen Jahrzehnten geerntet werden oder Kurzumtriebplantagen, die in wenigen Jahren als Holzhackschnitzel in den Ofen wandern, setzen auch den Kohlenstoff schnell um und wieder frei. Die größte und längste Speicherfähigkeit für Kohlenstoff hat ein Wald aber, wenn er ein hohes Lebensalter erreicht hat.
Das Fazit der Forscher: Der beste Klimaschutz ist der Schutz der Primärwälder, der sogenannten Old-Growth-Forests mit ihren Baumveteranen.
Leider gibt es davon nicht mehr viele. Auch in Ammersbek gebt es nur wenige Bäume, die über 100 Jahre alt sind. Die meisten in Knicks oder ehemaligen Knicks und nur einzelne im Wald. Ihr Schutz ist daher ganz besonders wichtig.
Ein paar hundert Jahre alt, aber der perfekte Klimaschützer: Eine Uralt-Buche in Hessen
Links: Die Bedeutung alter Bäume für den Naturschutz (St. Gürlich 2009)
Goldstern in Bedrängnis - Ein nordischer Frühlingsbote in alten Wäldern
Eine der Arten, die nur im Frühling ihre Blüten aus dem Boden recken, ist der Scheiden-Gelbstern (Gagea spathacea). Er wird aufgrund seiner leuchtend gelben Blütenfarbe auch Goldstern genannt. Er ist leicht mit dem Wald-Gelbstern zu verwechseln, der auch in Parks, Friedhöfen, Knicks und Wäldern vorkommt. Davon unterscheiden kann man den Scheiden-Gelbstern anhand einer Aufweitung der rundlichen, schlanken Blätter dort, wo die Blüten ansetzen. Er wächst in feuchten Erlen-Eschenwäldern, in Auwäldern und an Bachufern von Waldbächen, also auf den reicheren Böden der Jungmoränenlandschaft.
Der Scheiden-Gelbstern - Eine Verantwortungsart im waldarmen Schleswig-Holstein
Das Besondere an dieser zierlichen und hübschen Pflanze ist ihre weltweite Seltenheit: Schleswig-Holstein trägt einen wichtigen Teil zu ihrem weltweiten Erhalt bei, denn der Scheiden-Gelbstern kommt nur in einem ziemlich kleinen Areal in Mitteleuropa vor. Vor allem entlang der südlichen Ostseeküste findet er sich in den natürlichen Laubwälder der Jungmoränenlandschaften, ist also hier auf die mineralkräftigeren Böden der letzten Vereisung beschränkt. Auch in Ammersbek gibt es einzelne, kleine Standorte. An seinen Standorten ist der Scheiden-Gelbstern aber gefährdet!
Seine Lebensräume, die naturnahen und feuchten Wälder, unterliegen einer zunehmenden Nutzung. Das durch einen Pilz verursachte Eschensterben hat zu einem intensiven Holzeinschlag in Feuchtwäldern geführt. Durch die abrupte Belichtung und die schweren Bodenverletzungen nach Rückemaßnahmen wird dem Scheiden-Gelbstern das Überleben schwer gemacht. Entwässerungsmaßnahmen in Feuchtwäldern, intensive Forstwirtschaft und zunehmende Nährstoffzufuhr in die Waldlebensräume erhöhen die Gefährdung dieser konkurrenzschwachen Art.
Neue Bedrohungen für alte Arten
Dabei hat sich der Scheiden-Gelbstern über viele Jahrhunderte an die sehr langfristige Stabilität von mitteleuropäischen Laubwald-Ökosystemen angepasst und kann sich nur langsam ausbreiten. Er verharrt lange an einem Standort und bildet damit sehr langlebige und stabile Vorkommen. Wenn man ihn findet, weiß man, dass dort schon sehr lange ein Waldstandort ist, er ist eine Urwaldreliktart . Leider fällt der kleinen Pflanze bei sich verschlechternden Umweltbedingungen das Blühen immer schwerer. So kommt es zu fehlender Samenproduktion und damit zu einem allmählichen Erlöschen.
Durch die in den letzten Jahren erheblich zugenommenen Gefährdungseinflüsse auf die Waldlebensräume ist der Scheiden-Gelbstern immer stärker bedroht. Sein Leben kann kaum mit den raschen Veränderungen der Lebensräume mithalten. Intensive Forstwirtschaft und hier vor allem starker Escheneinschlag bedrohen zahlreiche Lokalpopulationen. Immerhin ist es gelungen einige größere Vorkommen durch die Ausweisung zum Naturwald dauerhaft zu sichern, so in den Flatterulmenbeständen der Hahnheide.
Beim Spazierengehen auf Goldsterne achten
Aus diesem Grund hat die AG Geobotanik diesen Frühblüher zu einem wertvollen Boten für alte und naturnahe Feuchtwälder hervorgehoben und bittet um Meldungen seiner Vorkommen. Wer also bei einem schönen Frühlingsspaziergang im Wald Gelbstern an feuchten Waldbächen, Auwäldern oder Eschenwäldern sieht, möge seine Beobachtungen gerne an den NABU melden, wo diese Hinweise an die AG Geobotanik weitergeleitet werden.
© Text und Fotos: Thomas Behrends
Weiterführende Literatur: Katrin Romahn: Hotspots der Gefäßpflanzenartenvielfalt in Wäldern Schleswig-Holsteins – Bestand, Gefährdung, Schutz