Wie eine nachhaltige und naturnahe Forstwirtschaft in Ammersbek aussehen könnte
Ökologische Ziele (Maximierung natürlicher Prozesse):
- Eigendynamische Waldentwicklung mit ihren natürlichen Prozessen zulassen
- Waldpionierbaumstadien zulassen (Zitterpappel, Birken, Salweiden, Ebereschen, Faulbaum)
- Vielfalt von Altersklassen/Baumdimensionen mit Entwicklung mehrerer Kronenschichten zulassen
- Biotopholz erhalten (mind. 10% Totholz, Biotopbäume mit Höhlen und Besonderheiten)
- Naturwaldparzellen ausweisen (s. u. "Nachhaltige Sicherung der natürlichen Artenvielfalt")*
- Längere Standzeiten der Bäume bis zur Nutzung, Zielstärkenernte ab 65 cm BHD wie in Lübeck
- Nur natürliche Klimaanpassungsentwicklung zulassen
- Kein Einsatz von Pestiziden, auch nicht bei lagerndem Holz*
Vorteile:
- natürlicheres Waldbild für die Erholung
- mehr Artenvielfalt und höhere Speicherfähigkeit für Kohlendioxid
- Erhöhung des wirtschaftlich nutzbaren Bestandsvolumens
- Naturwaldparzellen als Vorratsflächen für Ökokonto
Ökonomische Ziele (Minimierung von Aufwand):
- Reduzierung Durchforstungen/Läuterungen:
- Keine Eingriffe in "Qualifizierungsphase" (bis 20 cm BHD)
- 2-3 Eingriffe (statt 20-30) in "Auslesephase" (20-40 cm BHD)
- Keine Eingriffe in "Vorratsanreicherungsphase (über 40 cm BHD)
- Bodenschonung durch Reduzierung der Rückegassenzahl und -dichte und Verzicht auf Harvester
- Baumentnahme einzelstammweise, ohne Kahlschläge, mit minimalem Eingriff
- Erneuerung durch natürliche Verjüngung, Pflanzungen nur im Ausnahmefall
- Kein Pflanzen oder Säen nach Baumentnahme, stattdessen Selbstaussaat durch Umgebungsbäume
Vorteile:
- Weniger regelmäßige Kosten durch Reduzierung der Maßnahmen
- Langfristig wertvolleres Holz
- Schonung der Böden (weniger Verdichtung, keine N2-Probleme)
Maßnahmen in der Umstellungsphase:
- Verstärkte, sukzessive Entnahme und Nutzung von Fremdbaumarten (Lärchen, Sitkafichten, Rotfichten, Roteichen, Grauerlen)
- Reduzierung des Wildbestandes auf waldverträgliches Niveau
Weiterhin notwendige Maßnahmen:
- Regelmäßige Baumkontrollen und Sicherung an gewidmeten öffentlichen Wegen, in NSG nach Abstimmung mit Naturschutzbehörde
- Keine Entnahme von „Verkehrssicherungsholz“ in NSG
- Ausbreitung Spätblühender Traubenkirsche kontrollieren und eindämmen
- Sonderbehandlung von „Waldrandknicks“ mit Erhalt und Freistellung der alten Überhälter
Nachhaltige Sicherung der natürlichen Artenvielfalt im Ammersbeker Kommunalwald
"Die Bewirtschaftung des Körperschafts- und Staatswaldes... dient der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes, nicht der Sicherung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse."
(Bundesverfassungsgericht, 31.5.1990)
I. Altbaumschutz auf dem Schüberg
Eine besondere kulturelle Bedeutung hat der Wald auf dem Schüberg (Forstabteilung 2e mit 5,44 ha). Dieser alte Waldstandort mit teilweise über 120jährigen Buchen und einzelnen Eichen sowie wertvollen Stauden wie Goldrute im Bodenbewuchs dient in besonderem Maße dem Walderleben und der Erholung der Bevölkerung. Der NABU Ammersbek schlägt für dieses Naturdenkmal einen Altbaumschutz und den Umbau zu einem standortgerechten Laubwald vor. Hierzu gehört - neben der Wegesicherung entlang der Hauptwanderwege - die sukzessive, aber vollständige Ernte aller Rotfichten und Japanischen Lärchen sowie die Kontrolle der Spätblühenden Traubenkirsche, jedoch Verzicht auf die Entnahme gesunder Buchen. Um die letzten alten Buchen zu schützen, sollte ein Einschlagstopp für Buchen sofort umgesetzt werden, da laut Forstbetriebsplan die Ernte von Altbestand bis 2017 vorgesehen ist.
II. Naturwaldausweisung in den Naturschutzgebieten
Der NABU Ammersbek schlägt 7,75 ha (9,4 % der Forstfläche) als Mindestfläche für die Ausweisung als Naturwald vor. In diesem sollten - bis auf Wegesicherungsmaßnahmen an Straßen und Hauptwanderwegen - keine Eingriffe in den Waldbestand vorgenommen werden:
1. Bornhorst (Forstabteilung 3d, Hagen) - Waldmeister-Buchenwald 0,98 ha
Historischer Waldstandort von besonders hoher ökologischer Wertigkeit und Artenvielfalt. Hier stehen Buchen, teilweise über 150 jährig, und alte Eichen, mehrere von ihnen sind Biotopbäume. Es ist der älteste Baumbestand der Gemeinde und ein Bestandteil des NSG Ammersbek-Niederung. Dieser Altwald bildet einen wertvollen Verbund mit dem direkt anschließenden Buchenwaldflächen des NSG "Wohldorfer Wald".
2. Ordholz (Forstabteilung 3c, Hagen) - Laubwald auf altem Waldstandort 1,67 ha
Einzelne Pflanzenarten, sogen. Urwaldanzeiger, dokumentieren, dass hier seit mehreren Jahrhunderten Wald stockt. Der "Scheidige Gelbstern" beispielsweise ist in der Gemeinde nur hier zu finden. Das Waldstück gehört zum NSG Ammersbek-Niederung und ist laut Forstbestandsbuch forstökonomisch von geringem Wert. Der feuchte Boden und der kleine Weiher erschweren die Holzernte.
3. Wolkenbarg und Heidkoppelmoor (Forstabteilungen 4 a und 4b, beide Wölkenbarg) Moorbirkenwald und Birken-Eichen-Wald 3,88 ha und 1,22 ha.
Die Birkenwaldparzelle nördlich und östlich des Moorkerns mit vereinzelten Heidelbeersträuchern und der nördlich der Flur Heidkoppel gelegene Streifen aus Birken-Eichenwald mit Siebenstern im dichten Bodenbewuchs sind als Pionierwald auf saurem Boden von hohem Wert für die Natur. Beide Parzellen gehören zum Naturschutzgebiet Heidkoppelmoor, der feuchte Standort erschwert eine Ernte des geringwertigen Holzes.
Fördermittel und Ziele der Landesregierung
Die Landesregierung Schleswig-Holsteins strebt in ihren Landeswälder eine natürlicheren Wald an, hat sie nach FSC und PEFC zertifizieren lassen und sich 2007 einem Leitbild der naturnahen Waldentwicklung verpflichtet. Auch die aktuelle Fassung der Richtlinie für die Förderung forstwirtschaftlicher Maßnahmen vom April 2017 sagt explizit: "Die Förderung soll eine naturnahe Waldbewirtschaftung und Waldentwicklung begünstigen". Die Regierungsabsicht ist leider noch nicht in allen Unteren Forstbehörden und allen Bezirksförstern angekommen und das Landeswaldgesetz lässt große Ermessensspielräume.
Weiterführende Links:
Manifest zum Wald in Deutschland , BundesBürgerinitiative Waldschutz 2017
Waldvision Deutschland , Ökoinstitut 2018
Landesregierung SH: Wald und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein
NABU: Zukunft gestalten im Kommunalwald
NABU: Wald in Schleswig-Holstein
4.9.17 Nürnberger Nachrichten - Gegen die Industrialisierung des Waldes
Der Lübecker Stadtwald beweist: Mit der Naturnähe steigt der Profit
Film über den Lübecker Stadtwald
Ökologische Forstwirtschaft im Göttinger Stadtwald
Alternative Waldbewirtschaftung - Förster Wohlleben
Kritischer Agrarbericht: - Natürliche Waldentwicklung in Deutschland
Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt
Die Probleme mit den Walderntemaschinen (Sendung der ARD über Harvester)